Heiraten in Gifkendorf in den vergangenen Zeiten
Bei den Bauern wurde die Heirat der Kinder, der Übergang von einer Generation zur nächsten, durch einen Ehevertrag geregelt. Bis ins 19. Jahrhundert waren diese Verträge mehr als nur ein Abkommen zwischen zwei Parteien, da der Grundherr ein Mitspracherecht hatte. Der Grundherr musste sicherstellen, dass die getroffenen Vereinbarungen kein Risiko für das finanzielle Gleichgewicht des Hofes darstellten und konnte aus diesen Gründen u.a. auch die Anzahl der Gäste auf der Hochzeitsfeier selbst festlegen.
Mit der Hochzeit übernahm im Allgemeinen der Sohn den Hof. So findet man in den Heiratsverträgen häufig die Altenteilregelungen, die den Eltern ein würdiges Leben als Rentner auf dem Hof erlauben sollten.
Diese Heiratsverträge haben sich im Laufe der Jahrhunderte weiterentwickelt, sind aber im Grunde immer noch recht ähnlich. Der Vertrag regelt nicht nur die Einzelheiten der Ausstattung der beiden Eheleute, sondern legt auch die Bedingungen für die „Pensionierung“ der Eltern des zukünftigen Ehepartners fest, die vom Hof getragen werden. Es ist das so-genannte Altenteil, das der Altersversorgung entspricht.

Hochzeit in Gifkendorf in den 1920ern (Bild Familie Bruns).
Im vorliegenden Fall heiratet Jürgen Heinrich Müller, geboren 1741, Sohn des Bauern Heinrich Müller, am 3.11.1770 Catharina Elisabeth Holtmann, geboren 1752, die somit auf den Hof Müller (1/) in Gifkendorf zieht. Er ist 29 Jahre, sie 18 Jahre alt. Man heiratet eher spät, im Allgemeinen mit Mitte 20. Familien, die etwas wohlhabend sind, haben eher wenige Kinder, damit das vorhandene Kapital mit der Erbschaft nicht zerstreut wird.
Die Braut Catharina soll als Mitgift folgendes erhalten:
In bar 50 Taler
Zum Verlöbnis (Verlobung) 8 Taler
1 Pferd, das Zweitbeste
2 Milchkühe
1 neues Ehrenkleid (Hochzeitskleid)
1 neuen Schrank
1 Coffre (Koffer)
1 Lade
Kisten und Kastenpfand und was dazu gehört
Dann zur Hochzeit: 1 fetten Ochsen, 2 fette Schweine, 2 Sack Roggen, 1 Halbtonne Hafergrütze, 2 Tonnen Bier, 1 Halbtonne Salz, 1 Halbtonne Bratbirnen (Backobst, auch Dörrobst), 4 Halbtonnen Weizen.
„Dagegen nimmt der Bräutigam seine bemeldete Braut in seines Vatern Hof zu Gifkendorf, dessen Regierung ihm der Vater sofort Abtritt und wollen beide Eheleute, dass die Regel ‚Längst Leib, längst Gut‘ gelten soll.“
Im Klartext: Der länger Lebende beerbt den zuerst Gestorbenen, wenn also der Ehemann kinderlos verstirbt, bekommt die Witwe den Hof, der Hof geht aus der Familie. Im gegenteiligen Fall verbleibt die Mitgift der Braut in dem Hof bzw. in der Familie des Ehemannes.
Im Ehevertrag wird gleich auch das Altenteil der Bräutigamseltern geregelt:
- Den freien Sitz in der Wohnstube
- Die Stubenkammer, das heißt eine Kammer im Wohnteil des Hofes
- Freie Feuerung, das heißt einen Ofen in der Kammer
- Statt des Altenteils Lande = 20 Halbtonnen reinen Roggen, das heißt, dass freies Brot zugesichert war.
- Einen freien Tisch, das heißt, einen Platz am Esstisch
- Alle 14 Tage 1 Pfund Butter
- Zur Notdurft ein wenig süße Milch
- 1 Halbtonne Hafergrütze
- 1 Halbtonne Salz
- einjähriges Schwein nach dem Besten (zweitbestes)
- Alltägliche Kleidung
- 1 Apfelbaum in dem sogenannten Wischhof
- 1 Birnbaum
- Ein Stück Land im Garten, um Leinsamen zu säen.
- Schließlich die Wolle von 5 Schafen, die den alten Leuten das nötige Bargeld brachte
