Es brennt in Gifkendorf

Feuer war der Albtraum in den Siedlungen unserer vormodernen Gesellschaft. Ob in der Stadt oder auf dem Land, die Angst vor dem Feuerteufel war bis zum zweiten Weltkrieg ein ständiger Begleiter.

Für Gifkendorf haben wir nur Informationen für die letzten 150 Jahre: 1840 bestand das Dorf immer noch in seiner mittelalterlichen Form. Die Gebäude standen sehr eng nebeneinander (manchmal nur 4 bis 5 m voneinander entfernt), wobei die Scheuneneingänge alle zur Dorfmitte hin ausgerichtet waren. Baumaterialien wie Holz und Stroh, das für die Dächer verwendet wird, sind sehr leicht entflammbar. Die Gefahr lauerte überall, denn in den Gebäuden gab es viele offene Feuerstellen, die manchmal den ganzen Tag brannten. Ein kleines, unkontrolliertes Feuer konnte die komplette Zerstörung des Dorfes bedeuten. Und die Gefahr war sehr real. Innerhalb von 50 Jahren wurden drei Bauernhöfe vollständig und einer zur Hälfte zerstört.
Es wurden natürlich die größtmöglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen, Gifkendorf verfügte über zahlreiche leicht zugängliche Wasserstellen und das Gebäude mit dem größten Risiko, der gemeinschaftliche Backofen, wurde weit außerhalb des Dorfes errichtet.

Tafel der Landschaftlichen Brandkasse, eine Versicherung, die in Niedersachsen sehr verbreitet war. Die Tafel war an dem versicherten Gebäude befestigt. Bild Archeokit.

Im 19. Jahrhundert entwickelten sich auch die Brandvorhüttungen. Jeder Bauernhof musste Eimer bereithalten, und auch Versicherungen (landschaftliche Brandkasse) wurden in dieser Zeit immer häufiger abgeschlossen. Schließlich kauften die Gemeinden die ersten Handdruckspritzen, während parallel dazu die ersten Freiwilligen Feuerwehren gegründet wurden. Im Jahr 1879 wurde die Feuerwehr Reinstorf gegründet, die lange Zeit die einzige in der Ostheide gewesen ist. Ein Brand im Dorf stellte eine wirtschaftliche Katastrophe dar, die zum Ruin der Familien führen konnte. Aber ein solches Ereignis bewirkte auch fortschrittliche Veränderung. Beim Wiederaufbau verbesserte man, passte sich an und verwendete neue Techniken.

Als beispielsweise 1881 der Hof von Müller 1/22 abbrannte, griff das Feuer schließlich auf den Hof von Siegel 6/69 über, der völlig zerstört wurde. In Gifkendorf wurden die Maschinen und Gespanne immer sperriger, die Bauern brauchten mehr Platz und Siegel beschloss aus praktischen Gründen, seinen Hof 200 Meter südlich des Dorfzentrums neu zu bauen. Doch er hatte ein solches Trauma beim Brand entwickelt, dass er eine entsprechende Inschrift auf einem Balken des neu errichteten Hofes schnitzen liess: Will gnädig und erstehe auch, durch den deinen reichen Segen, was Wind und Feuer, Dampf und Rauch in Staub und Aschen legen, behüt uns, schone diesen Ort vor Gluth und Brand und sei hinfort uns treuer Vater gnädig. Errichtet am 1. Oktober 1882.


Als Veertein 1911 seinen Hof 3/38 renovieren musste, entschied er sich ebenfalls für einen Neubau außerhalb des Dorfes, entlang der Straße nach Solchstorf, wo er bereits eine Scheune besaß.

Der letzte große Brand im Dorf betraf den Bauernhof 4/22 von Meyer – seine Frau Marie berichtet davon. Am 18. Mai 1930, im Laufe des Sonntagmorgen, brach das Feuer im Schornstein aus und griff schnell auf das Dach über. Die Feuerwehr Reinstorf wurde benachrichtigt, aber die Pumpe war von Hand gezogen und ihre Ankunft liess auf sich warten.

Die letzte Zeugin des großen Brandes von 1930 in Gifkendorf:
Handdruckspritze auf Lafette der freiwilligen Feuerwehr Reinstorf (Bild: Archeokit).
Sie wurde 1879 von einer Lüneburger Firma hergestellt,
war handgezogen und wurde bis 1937 verwendet.
Diese Spritze wurde bei dem Feuerwehreinsatz bei Meyer 1930 verwendet.
Heute im Feuerwehr-Museum Neu Tramm ausgestellt.

Die Bewohner und das Vieh waren außer Gefahr, dann ging es darum, so viel Werkzeug und Mobiliar wie möglich zu retten. Das ganze Dorf war da und machte sich an die Arbeit. Den Männern gelang ein wahrer Kraftakt. Um Zeit zu sparen, trugen sie den Geschirrschrank nach draußen, ohne ihn zu entleeren … und ohne ein einziges Teil zu zerbrechen. Das gesamte Mobiliar stapelte sich schließlich auf dem Dorfplatz. Am Nachmittag war das Feuer besiegt, der Schaden enorm, das Gebäude konnte nicht gerettet werden. Am Abend zogen die Großeltern Albrecht zu den Eilmanns und das Ehepaar Meyer mit den Kindern zu den Persiehls.
Der Wiederaufbau begann sofort, in einer schwierigen Zeit, parallel zur Feldarbeit und der Ernte. Die Meyers konnten sich auf die enorme Solidarität im Dorf verlassen, alle packten mit an. Der Schutt wurde weggeräumt, die Ziegel gereinigt, damit sie wieder verwendet werden konnten.


Der Hof Nr. 4/28 vor und nach dem Brand 1930 (links und rechts oben) und heute (rechts unten), Bilder Familie Bruns.
Der Hof Nr. 4/28 vor und nach dem Brand 1930 (links und rechts oben) und heute (unten), Bilder Familie Bruns.

Dieser Wiederaufbau war schließlich die Gelegenheit, das Gebäude zu überdenken und der Moderne anzupassen. Das Gebäude wurde größer, weitläufiger und komfortabler. Die Decke wurde höher, die Räume heller und das Gebäude verfügte nun über eine ordentliche elektrische Anlage. Die Ausrichtung blieb ähnlich, aber die innere Aufteilung wurde komplett erneuert. Um die landwirtschaftliche Arbeit zu erleichtern, war die Scheunenseite nun zur Außenseite des Dorfes gerichtet, wo sich bereits die anderen Nutzgebäude befanden. Das Dach wurde mit Ziegeln gedeckt, die aus der Ziegelei in Jelmstorf herangekarrt wurden.

Im August 1930 wurde Richtfest gefeiert und im Herbst kehrte die Familie Meyer in ihr Haus zurück.
Der Wiederaufbau verlief gut und schnell, doch es besteht kein Zweifel, dass die wirtschaftlichen Folgen für die Familie (Verschuldung?, Verarmung?) beträchtlich gewesen sein müssen.

Das letzte Wort in dieser Geschichte hat Großvater Albrecht, der seiner Tochter einen Tag nach dem Brand erzählte:
„Ein süßer Trost ist mir geblieben, ich zähl die Häupter meiner Lieben, und sieh, mir fehlt kein teueres Haupt “